Wissenschaftskommunikation // Data Storytelling

Daten im Storytelling

Wissenschaftskommunikation von Daten

Eine besondere Herausforderung der Wissenschaftskommunikation ist die Kommunikation von Daten. Beim sogenannte Daten Storytelling geht es darum, zahlenbasierte Daten ansprechend und zielgruppenspezifisch zu präsentieren. Das ist nicht nur für Daten-Wissenschaftler: innen relevant. Viele Wissenschaftler: innen müssen ihre statistischen Erhebungen präsentieren.

"Der Prozess der Informationsaufbereitung und -darstellung von Ergebnissen einer Datenanalyse zur Motivation einer Entscheidung oder Handlung in einer der Zielgruppe entsprechenden Sprache und Visualisierung verstanden werden."

(Ryan 2016; Vermeulen 2018; Vora 2019; Dykes 2016)

 

Dieses Verständnis von Daten Storytelling geht also mit der Grundintention einher, dass die Daten für eine Handlung oder Entscheidung benötigt werden. Das ist z.B. besonders relevant im Controlling. Wenn es darum geht Geschäftszahlen auszuwerten und zu präsentieren, damit die Geschäftsführung zu befähigen, fundierte und informierte Entscheidungen zu treffen.

 

Wie können Zahlen und Statistiken in eine ansprechende Geschichte eingebettet werden?

Zahlen und Daten transportieren erstmal keine Botschaft – erst in einem Kontext oder im Zusammenhang mit weiteren Informationen wird aus einer bloßen Zahl eine Information. Eine Information ist ein Datum, welches verstanden also kognitiv erfasst wurde.

Storytelling ist eine Möglichkeit Daten und Zahlen in einen Zusammenhang einzubetten und zu strukturieren. So erleichtern wir als Wissenschaftskommunikator :in dem Publikum zu verstehen, was eine Zahl denn bedeutet. Der Hinweis auf 65% allein ist vollständig unklar. Erst wenn ich Kontext – eine Geschichte – mitliefere, versteht man worum es geht: 65% der Befragten würden gerne hybrid arbeiten, also teilweise im Büro und teilweise im Homeoffice (Appino 2022).

Das ist sehr knapp und es entstehen sofort weitere Fragen: Wer wurde befragt? Welche Alternativen wurden den Befragten angeboten: Homeoffice, hybrid oder Büro? Oder vielleicht noch weitere Optionen? Diese Folgefragen gilt es als gekonnter Storyteller:in in bestimmte Richtungen zu lenken.  

Dazu lassen sich die Elemente des Data Storytelling sehr gut nutzen:

  1. die Daten bzw. Datenanalyse (Inhalt der Geschichte fundiert erarbeiten)

  2. die zielgruppengerechte Kommunikation (Fachsprache und Botschaften formulieren)

  3. die verständliche Visualisierung (klare Visualisierungen erstellen)

Natürlich soll der wissenschaftliche Anspruch nicht verloren gehen: Daten müssen fundiert erarbeitet und belegbar sein. Wie wir die Inhalte sprachlich ausgestaltet hängt sehr vom Publikum ab. Schließlich sollen die Zuhörer:innen und Leser:innen verstehen worum es geht. Dazu gehören auch verständliche Visualisierungen.

Alle drei Elemente sind Herausforderungen für sich und es gibt unterschiedliche Herangehensweisen und Lösungswege. So gibt es unterschiedliche Möglichkeiten ein Handlungsgerüst für eine Daten Story aufzubauen.

Tab1. Handlungsgerüste von Data Stories. Eigene Darstellung in Anlehnung an Ryan (2016) zitiert nach Neifer et al. (2020), S. 1036

 Welchen Plot man wählen sollte, hängt vom Ziel ab. Soll die Geschichte informieren? Soll sie überzeugen? Soll sie unterhalten oder geht es darum zu beruhigen? Zu erklären? Oder vielleicht sogar zu erschrecken? Soll eine Verhaltensänderung oder eine bestimmte Handlung oder Entscheidung passieren?

Diese Fragen muss man für sich beantworten, um das Kommunikationsziel und Absicht klar vor Augen zu haben. Nur dann kann man Botschaften klar und verständlich formulieren!

Erfolgsfaktoren für Daten Storytelling

Neifer et al. haben in einem Artikel aus 2020 die Erfolgsfaktoren von Daten Storytelling evaluiert. Die Übersichtsarbeit stellt mehrere Faktoren vor und priorisiert diese nach Häufigkeit der Erwähnung in wissenschaftlichen Arbeiten. Ich möchte hier einige Erfolgskriterien vorstellen und Anwendungsmöglichkeiten darstellen.

 

Komplexität Vermeiden

Beim Data Storytelling geht es darum Komplexität mittels visueller Hilfsmittel zu reduzieren. Natürlich sollte eine Story immer leicht lesbar und verständlich sein, aber hier geht es auch darum, dass Abbildung und Text nur die wichtigsten Daten beinhaltet. Die Herausforderung ist dann zu entscheiden, was wichtig oder relevant ist. Das betrifft aber nicht nur das geschriebene Wort. Auch durch Farbgebung können die relevanten Daten in den Vordergrund gestellt werden, umso Komplexität zu reduzieren.

 

Datenvisualisierung

Die Datenvisualisierung als zweiter wesentlicher Faktor ist daher schon Teil des Faktors „Komplexität vermeiden“. Daten sind teilweise schwer in einen Kontext zu bringen – also in eine Geschichte oder in eine Problemstellung – da sie für sich stehen. Grafiken ermöglichen einen Zusammenhang darzustellen und sollten möglichst selbsterklärend sein.

In diesen zwei Grafiken werden unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. Durch eine besondere Farbgebung und eine sorgfältig gewählte Beschriftung, fallen bestimmte Informationen und Aussagen schneller ins Auge. Diese enthalten oder repräsentieren die Kernbotschaft der Grafik.

Neifer et al. (2020), S.1040

In der „Nachher“ Grafik wurden z.B. die Prozentzahlen ohne Kommastellen angeben, was es einfach macht, die Zahlen zu lesen. Sie sind einfach kürzer. Durch die Farbgebung wurde hier der Fokus auf die Uhrzeit 18 bis 0 Uhr gelegt. Die Uhrzeiten sind leichter zu erfassen, weil diese rechts als Skala angegeben sind. In der Grafik „Vorher“ muss man immer wieder schauen, welche Farbe für welche Uhrzeit steht. Auch wenn das unterbewusst abläuft, das Auge muss wandern und das Gehirn den Zusammenhang herstellen. Es ist ein kognitiver Mehraufwand, den man sich eventuell sparen kann.

In diesem Beispiel ist es nun nicht wichtig, aber die Frage stellt sich in der Anwendung: Welche Aspekte einer Grafik sind für die Kernbotschaft relevant?

Oder anders gefragt: Wenn Sie die Grafik „Vorher“ betrachten, sehen Sie eine Kernbotschaft? Verstehen Sie, was die Grafik ihnen sagen will? Oder müssen Sie selbständig interpretieren und sich einen Weg durch die Zahlen bahnen?

Wenn wir die Richtung einer Story bestimmen wollen, müssen wir als Wissenschaftskommunikator: innen Grafiken immer so aufbereiten, dass eine Kernbotschaft ersichtlich ist. Vielleicht müssen wir mehrere Grafiken und Visualisierungen erstellen, aber das ist es wert! Haben Sie immer den Fokus, die Kernbotschaft und das Ziel ihrer Geschichte im Hinterkopf. Es ist wichtig, dass man sich vorher überlegt, was man eigentlich mit diesen Daten ausdrücken möchte. Was ist die Kernbotschaft?

 

Das Publikum berücksichtigen

Die Story sollte außerdem dem Publikum angepasst sein, denn dieses soll die Inhalte verstehen und reflektieren können. Auch dazu sollte man sich im vorhinein Gedanken machen: Was ist für das Publikum relevant? Welche Information kennen sie bereits? Worauf kann man aufbauen? Welche Informationen brauchen sie, um die Daten zu verstehen?

Das waren einige der Erfolgsfaktoren, die Neifer et al. evaluiert haben. Im Kern geht es bei allen Erfolgsfaktoren des Daten Storytelling darum, Komplexität zu vermeiden. Man vermeidet Komplexität aber nicht dadurch, dass man Themen banalisiert. 

Es geht darum die richtigen Grafiken, die richtigen Visualisierungen und die passende Story zu finden, um das Publikum in die Komplexität der Daten hineinzuführen und sie nicht zu überfordern.

Wissenschaftskommunikation in der Anwendung

Auch wenn in diesem kleinen Beitrag nur wenige Anwendungsbeispiele besprochen werden konnten, hoffe ich , es hat Sie inspiriert, sich dem Thema einmal vertiefend zu widmen.

Wie gehen Sie an Ihre Daten-Geschichte? Haben Sie Beispiele für gute Visualisierungen von wissenschaftlichen Daten? Schreiben Sie mir gerne, denn ich suche immer gute Beispiele für meine Workshops und Trainings.

Wenn Sie mehr darüber erfahren wollen, wie Storytelling Sie in der Wissenschaftskommunikation weiterbringen kann, melden Sie sich und vereinbaren ein unverbindliches Gespräch mit mir. Ich freue mich mehr über Ihre Forschung und Sie zu erfahren.

 

Autorin: Dr. Anna Kollenberg

Veröffentlicht: 25. April 2022

Bild: Photo by Markus Winkler on Unsplash

 

Quellen:

Appinio. (20. Januar, 2022). Wie würdest du in Zukunft am liebsten arbeiten? [Graph]. In Statista.de 

Neifer, T., Lawo, D., Bossauer, P. et al. Data Storytelling als kritischer Erfolgsfaktor von Data Science. HMD 57, 1033–1046 (2020). https://doi.org/10.1365/s40702-020-00662-3

Anna Kollenberg